[un]questioned answer

[un]questioned answer
eine kompositorische Auseinandersetzung mit Charles Ives‘ „the unanswered question“

Eine Musik wie ein Rätsel: In „The Unanswered Question“ von Charles Ives (1906 komponiert) intoniert die Solotrompete sieben Mal unverändert die „ewige Frage des Seins“. Vier Holzbläser unternehmen in zunehmend dissonanter Unruhe Antwortversuche, die letztlich in den durchgehend konsonanten Streichersatz der „Schweigsamkeiten der Druiden“ münden. So rätselhaft beschrieb es Ives selber im Vorwort zu einer späteren Neuauflage seiner Komposition (UA 1946). Mit der asambura-typischen Experimentierfreude entsteht in [un]questioned answer ein expressives, eminent energiegeladenes Konzert zwischen klanglich neugedeuteten und rekontextualisierten Werken von Charles Ives, György Ligeti, Steve Reich, Luca Marenzio, Béla Bartók, Daniel Moreira und Maximilian Guth.
Gegensätze zwischen „natürlich“ erzeugten instrumentalen Farben (Holz, Metall: Marimba, Flöte, Santur) und „künstlich“ erzeugten (Elektronik: E-Gitarre, Synthesizer, elektronische Santur) spielen dabei eine besondere Rolle.

Der Zyklus [un]questioned answer unternimmt es, mehr als nur einen Bogen ins Heute zu spannen. Er lädt ein, einen Kreis zu schließen, dessen ewige Schwingung auch weit zurückliegende Vergangenheit berührt.

Manche der Stücke des Zyklus‘ zitieren oder reflektieren die Natur, aber keines versucht, ihr Fließen zu illustrieren. Jedoch sind alle kompositorisch so fluide wie auch „The Unanswered Question“. Sie arbeiten mit nur scheinbar dissonanten Überlagerungen, mit sich nur scheinbar zufällig ereignenden konsonanten Begegnungen.

Vielleicht ist solche Musik einem Paralleluniversum vergleichbar, in welchem Kunst – in ihrer Entstehung, ihrer Performanz und ihrer Wahrnehmung – das Unerwartete, das nicht Beherrschbare, nicht nur zulässt, sondern sogar wünscht und den Raum dafür öffnet.
Diese Musik behauptet keinerlei tagesaktuell eindeutig definierbaren Bezug. Sie fordert und fördert aber eine andere, immer noch unvertraute Offenheit für das Unerwartete und seine geheimnisvoll verborgenen Muster.

Der Zyklus wird grooven. Es kann etwas Unerwartetes passieren – interagierend mit den Zuhörer*innen und ihrer Natur, in überraschender, notwendig zufälliger Weise.

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Komposition • Béla Bartók. György Ligeti. Charles Ives. Luca Marenzio. Steve Reich. Maximilian Guth. Daniel Moreira

Instrumentation • Maximilian Guth. Ashley Hribar. Daniel Moreira. Justus Czaske

Elektronische Komposition • Daniel Moreira

Besetzung: Flöte. Flügel. E-Gitarre. Schlagwerk. Elektronik

Uraufführung • 2024 NDR Hannover

„Kultur hat die Kraft, Reflexions- und Möglichkeitsräume zu öffnen, uns zu inspirieren, zu hinterfragen, oder auch einfach nur zu unterhalten. Sie ist ein Spiegel für unsere Gegenwart, Bewahrerin unserer Vergangenheit und Visionärin einer möglichen Zukunft. In ihrer jeweils ästhetischen Form stellt sie uns Fragen und kreiert Perspektivwechsel auf das vermeintlich Unerschütterliche.
Mit einer „ungefragten Antwort“ setzt sich das asambura ensemble in seiner neuesten Produktion [UN]QUESTIONED ANSWER einmal mehr mit bestehenden Werken auseinander und kontextualisiert diese mit hoher künstlerischer Qualität und intellektueller Kreativität neu. Charles Ives Werk „The unanswered Question“ bildet den musikalischen Auftakt für den vorliegenden Zyklus, in dem sich das Ensemble künstlerisch mit der Herausforderung auseinandersetzt, wie der Mensch einen verantwortungsbewussten Umgang mit natürlichen Ressourcen und ein In Beziehung-Treten mit der Natur realisiert werden kann.
Neben Charles Ives werden an diesem Abend weitere namhafte Komponisten wie Bartok, Ligeti und Steve Reich in kreativen Neu-Instrumentierungen des asambura ensemble erklingen und damit neue Hörerlebnisse ermöglichen und eben auch unformulierte Fragestellungen beantworten.“

– Belit Onay –
Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Hannover


„The [un]questioned answer – Ein innovatives Aufführungskonzept, bei dem die ZuhörerInnen aktiv in die Improvisationen auf der Bühne einwirken können.
Mein erster Gedanke war – was für eine schöne Idee! Doch was dann tatsächlich entstand, war wirklich großartig. Die Dynamik zwischen Publikum und MusikerInnen hatte sich so natürlich und logisch entwickelt, dass am Ende tatsächlich große Musik enstand – und meine Sorge um ein würdiges Finale wurde schließlich von einem zarten Flötensolo zauberhaft aufgelöst.
Lange hat mich dieses Erlebnis noch zum Nachdenken angeregt. Hier wurde nicht nur die Erfahrung vermittelt, wie MusikerInnen zusammen Musik erleben, sondern wie sich alle Beteiligten – das Publikum eingeschlossen – gegenseitig erspüren, aufeinander eingehen und miteinander schwingen.
Welche Kräfte die Musik entfalten kann, das wurde hier deutlicher als in jedem anderen Konzertformat, das ich bisher erlebt habe: Individuelle Ideen und Gedanken verschmelzen zu einem sinnvollen Ganzen, obwohl sie nicht immerkongruent oder gar gleich sein müssen.
So lebendig – und politisch – habe ich (Neue) Musik im Konzert lange nicht erlebt!“

– Prof. Konrad Maria Engel –


„Das asambura ensemble zeigt, wie zeitgenössisch-komplexe Musik für viele Menschen zugänglich sein kann. Durch ihre Freude am Experimentieren, der großen Energie und dem gemeinsamen Klangsuchen sowie durch ihre so kreativen Vermittlungsideen nehmen sie Berührungsängste und laden jede und jeden ein, sich auf Neue Musik einzulassen und sich von ihr inspirieren zu lassen. Das bewiesen sie einmal mehr bei ihrem fesselnden Konzert „[un]questioned answer“ im NDR am 11. Februar, bei dem das Publikum und die Musiker*innen allein durch die Kommunikation über Kunstwerke und persönliche Impulsgedanken gemeinsam nach der von Ives‘ unbeantworteten letzten Frage suchten.“

– Johanna Kreiss –
Musikvermittlerin